Abgeschlossene Masterarbeiten

Kegelrobben (Halichoerus grypus) in Mecklenburg-Vorpommern: Etablierung von Photo-ID für das  Bestandsmonitoring

Die Kegelrobbe (Halichoerus grypus), Deutschlands größtes Raubtier, war durch Bejagung, Verlust der Liegeplätze und durch chemische Umweltverschmutzung für Jahrzehnte an der Küste von Mecklenburg-Vorpommern verschwunden.

Die Unterschutzstellung der Art in der Ostsee und das Verbot von PCBs und DDT ermöglichten die Wiederansiedlung. Die Population wächst derzeit linear mit ca. 8 % pro Jahr, der ursprüngliche Bestand von ca. 100.000 Robben in der Ostsee ist jedoch bisher nicht wieder erreicht worden. Seit 2004 sind Kegelrobben wieder regelmäßig, vor allem im Bereich des Greifswalder Boddens, anzutreffen. Die beliebtesten Liegeplätze sind der Große Stubber, der Ruden, die Greifswalder Oie und Kap Arkona. Der Bestand wird bereits seit rund einem Jahrzehnt durch ein regelmäßiges Beobachtungsmonitoring  begleitet. Die Zahl der Kegelrobben steigt seit ihrer Rückkehr stetig an und liegt derzeit bei über 50 Tieren.

Im Rahmen dieser Masterarbeit soll ein erster Photo-ID Katalog für die Kegelrobben Mecklenburg-Vorpommerns erstellt werden. Grundlage hierfür ist die individuelle Fellzeichnung jeder Robbe. Die Fotos, die bei den regelmäßigen Zählungen aufgenommen werden, werden mit durch speziell entwickelte Software entzerrt, auf vergleichbare Muster in anderen Fotos überprüft und hinsichtlich von potentiellen Mehrfachsichtungen ausgewertet. Photo-ID ist eine minimal invasive Methode, mit der bei dauerhafter Nutzung viele Bestandsparameter wie Gesamtpopulation, saisonale Wanderbewegungen, Standorttreue und Raumnutzung bestimmt werden können. Auch die Frage der Herkunft der Tiere könnte durch den Vergleich mit Aufnahmen polnischer, schwedischer und dänischer Robbenpopulationen beantwortet werden. Bearbeitung: Linda Westphal (Universität Rostock)

Betreuung: Dr. Michael Dähne (Deutsches Meeresmuseum), Dr. Martin Powileit (Universität Rostock)

Echoortungsmuster von Schweinswalen während saisonaler Wanderungen in der Ostsee

Der Schweinswal (Phocoena phocoena) ist die einzige sich regelmäßig reproduzierende Walart in deutschen Gewässern. Schweinswale sind Topprädatoren, die durch anthropogene Einflüsse stark gefährdet sind. In der Ostsee existieren mindestens zwei genetisch und morphologisch eigenständige Subpopulationen.  Die Subpopulation der inneren Ostsee wird seit 2008 von der IUCN  als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft. Die Subpopulation der dänischen Inseln migriert im Frühling und Sommer den Heringsschwärmen folgend ostwärts. Im Winter, wenn eine Eisdecke Teile der Ostsee bedeckt, ist eine zweite Wanderung in die süd-westliche Ostsee zu verzeichnen.
Als eine Anpassung an das Leben unter Wasser entwickelten die Zahnwale die Echoortung. Schweinswale senden  kurze hochfrequente Klicklaute aus, die ein akustisches Abbild der Umwelt produzieren. Sie nutzen diese Signale zum Beutefang und zur Orientierung. Diese charakteristischen Klickmuster lassen sich gut von anderen Unterwassergeräuschen unterscheiden und erlauben einen Einblick in das Verhalten der Meeressäuger.
Im Rahmen dieser Masterarbeit soll analysiert werden, ob Schweinswale charakteristische Sequenzen von Echoortungsklicks (Landmarksequenzen, Verfuß et al. 2005) häufiger während der saisonalen Wanderungen nutzen und diese damit als eine Art Navigationssystem fungieren. Dazu werden die über ein Jahr durch Klickdetektoren aufgenommenen Schweinswallaute auf Landmarksequenzen und ihre zeitliche Verteilung mit Hilfe eines Algorithmus und einer zusätzlichen visuellen Kontrolle untersucht. Durch statistische Auswertung wird geprüft, ob eine Korrelation zwischen der Detektion von Orientierungslauten und der Häufigkeitsverteilung der Schweinswale vorliegt.

Bearbeitung: Franziska Thelke (Universität Potsdam)

Betreuung: Dr. Michael Dähne (Deutsches Meeresmuseum), Dr. Niels Blaum (Universität Potsdam)

Der Schweinswal (Phocoena phocoena) ist der häufigste Vertreter der Zahnwale (Odontoceti) in Nord- und Ostsee. In europäischen Gewässern ist er außerdem die kleinste vorkommende Art der Wale (Cetacea). Schweinswale nutzen ein Biosonar zur Orientierung in ihrem Habitat, aber auch zur Beutesuche und Kommunikation. Dabei wird  der Lautstärkepegel der ausgesandten Schallsignale entsprechend des Abstandes zum anvisierten Objekt, aber wahrscheinlich auch habitatspezifisch, angepasst. Abhängig von diesem Quellschallpegel verändert sich der effektive Detektionsradius von automatisierten Klickloggern (C-PODs) für ein statisch-akustisches Monitoring von Schweinswalen. Die Reichweite der Geräte hat wiederum Einfluss auf den Vergleich der Detektionsraten aus unterschiedlichen Gebieten. Aussagekräftige Ergebnisse zu Quellschallpegeln von Schweinswalen im Wattenmeer helfen somit, die Erfassungen mit C-PODs zu standardisieren.

Im Rahmen dieser Masterarbeit soll der Quellschallpegel („source level“), die Lautdauer und die Frequenz von Echoortungsklicks von Schweinswalen im Freiland anhand von hochaufgelösten Schallaufnahmen bei unterschiedlichen Umweltbedingungen im Wattenmeer ermittelt werden. Die Ergebnisse werden mit bereits veröffentlichten Untersuchungen vor Grönland und in der dänischen Beltsee verglichen. Des Weiteren sollen Schweinswale mit aversiven Signalen zwischen Mutter und Kalb beschallt und eine mögliche Reaktion dokumentiert werden. Aversive Signale würden sich eignen, um Schweinswale auf Stellnetze der Fischerei, die ein hohes Gefahrenpotential haben, aufmerksam zu machen. Untersuchungen zu diesen Themen wurden bisher nur in Gefangenschaft durchgeführt und haben somit eine begrenzte Aussagekraft für das Verhalten von Schweinswalen in freier Natur.

Bearbeitung: Dipl. Biol. Tom Bär (Universität Rostock)

Betreuung: Dr. Michael Dähne (Deutsches Meeresmuseum), Dr. Martin Powileit (Universität Rostock)

Identifizierung und Merkmalsvariabilität einiger Primnoidae (Cnidaria: Octocorallia) aus dem Nordatlantik und angrenzenden Gebieten

Octocorallia oder achtstrahlige Korallen bilden acht Tentakel pro Polyp aus. Sie wachsen kolonial und einige können aufgrund ihres Strukturreichtums Fischen und wirbellosen Tieren Habitate bieten. Innerhalb der Familie der Primnoidae sind unter anderem folgende Gattungen dafür bekannt: Primnoa, Callogorgia, Narella und Plumarella.

Die Vertreter der Familie der Primnoidae kommen weltweit in Tiefen von 8 bis 5850 m vor und leben vorwiegend in Lebensräumen kalter Meeresgebiete. Sie siedeln sich auf Hartsubstraten der äußeren Schelfränder und Kontinentalhängen an. Ein ausschlaggebender Faktor für die Verbreitung von Kaltwasserkorallen ist nicht der Druck des Wassers (also die Tiefe) sondern die Wassertemperatur.

Traditionell werden morphologische Merkmale wie die Kolonieform und Sklerite zur Differenzierung der einzelnen Taxa innerhalb der Octocorallia genutzt. Sklerite sind kalkhaltige innere Skelettelemente der Octocorallia, die einen großen Formenreichtum aufweisen. Mittels Rasterelektronenmikroskopie (REM) werden die Sklerite genauer betrachtet (Abb. 1). Die Formen, sowie die Oberflächenstrukturen werden genau dargestellt und dadurch können die einzelnen Arten bestimmt werden.

Ziele dieser Masterarbeit sind es die gesammelten Proben verschiedener Forschungsfahrten von 1997-2015 im Nordatlantik (Abb. 2) anhand der oben erwähnten Sklerite zu identifizieren und dadurch eventuell neue Standorte der jeweiligen Arten zu beschreiben. Weiterhin wird die Variabilität verschiedener Identifizierungsmerkmale innerhalb von Gattungen sowie innerhalb ausgewählter Arten mit Hilfe der hochauflösenden REM-Aufnahmen überprüft und bildlich dargestellt (Abb. 3).

Bearbeitung: Marina Lindackers (Philipps-Universität Marburg)
Betreuung: Dr. Götz-Bodo Reinicke (Deutsches Meeresmuseum), Apl. Prof. Dr. Lothar Beck (Philipps-Universität Marburg), Prof. Dr. André Freiwald (Senckenberg am Meer, Wilhelmshaven)

Charakterisierung von Acanthogorgia-Arten (Anthozoa: Octocorallia) anhand der funktionalen Ordnung des Skleroms mittels verschiedener morphologischer Methoden

In den lichtlosen Meerestiefen des europäischen Kontinentalrandes bauen Steinkorallen komplexe Riffstrukturen, die u.a. von Oktokorallen besiedelt werden. Im sauerstoff- und nährstoffreichem Wasser nutzen Kaltwasserkorallen, wie auch andere Filtrierer – Muscheln, Schwämme u.a. – vor allem das Plankton als Nahrungsquelle. Ihre Verbreitung erstreckt sich von kalten Gewässern wie den norwegischen Fjorden, wo sie bereits in 40 m Tiefe vorkommen, bis in tropische Breiten, wo sie im Tiefenwasser ab etwa 200 m bei Wassertemperaturen von ca. 4 bis 13°C auftreten.

Die achtstrahligen Blumentiere (Octocorallia) sind durch Polypen mit je acht Tentakeln gekennzeichnet. Ihre teils flexible Skelettstruktur besteht meist aus formenreichen Kalkpartikeln: Je nach der Lage in den Kolonien (Stamm, Polyp, Tentakel etc.) weisen diese „Sklerite“ charakteristische Formen auf, Arten sind morphologisch nur anhand dieser zu identifizieren. Die Gattung Acanthogorgia weist neben einem Fischgrätenmuster im Polypenkelch eine gattungstypische Skleritform auf: die sogenannten Kronstachel.

Hochauflösende 3D-Fotografien und Micro-CT-Aufnahmen ermöglichen einen differenzierten Blick auf bzw. in den mechanischen Aufbau der Kolonien. Ohne diese zu beschädigen sind detaillierte Untersuchungen ihrer Konstruktion und biomechanischen Funktion möglich. Ziel der Studie ist es zu prüfen, wie sich die räumliche Struktur und Ordnung des Skleroms der Acanthogorgia-Kolonien auf Artniveau unterscheiden und welche Folgerungen für die Variabilität der Formen und Funktionen sich ggf. aus diesen Unterschieden ergeben.

Bearbeitung: Ulrike Buschewski (Universität Greifswald)
Betreuung: Dr. Götz-Bodo Reinicke (Deutsches Meeresmuseum), Dr. Peter Michalik (Universität Greifswald)

Die Epibranchialorgane basaler Salmlergruppen. Homologe oder analoge Strukturen?

Der Geradsalmler Distichodus rostratus ist ein in Afrika beheimateter tropischer Süßwasserfisch der Familie der Distichodontidae innerhalb der Salmlerartigen (Characiformes). Als einer der ursprünglichsten Vertreter dieser Ordnung weist Distichodus rostratus ein sogenanntes Epibranchialorgan auf. Dieses Organ liegt im hinteren Teil des Kiemenapparates und besteht aus paarigen Aussackungen bzw. Ausstülpungen an der oberen Rachenwand. Die Funktion dieser Struktur ist noch nicht vollständig aufgeklärt, jedoch liegt die Vermutung nahe, dass es zur Konzentration und Aufbewahrung der gesammelten Nahrung dient.

Um das knorpelige und knöcherne Gewebe der Präparate sichtbar zu machen wird die Aufhelltechnik nach Dingerkus & Uhler (1977) und van Dyke (1985) verwendet. Die Knorpel werden dabei in Blau und die Knochen in Rot angefärbt. Dadurch kann festzustellt werden, ob es sich bei einem Epibranchialorgan um eine homologe oder analoge Struktur innerhalb der Ordnung der Salmlerartigen (Characiformes) handelt. Neben der Familie der Distichodontidae besitzen auch weitere Salmlergruppen dieses Organ.

Das Ziel dieser Masterarbeit ist es, die bisherigen Erkenntnisse zum Epibranchialorgan innerhalb der Distichodontidae zu erweitern und mit anderen ursprünglichen Salmlergruppen zu vergleichen. Dadurch sollen Rückschlüsse auf Homologien bzw. Analogien der Epibranchialorgane gewonnen werden. Dies führt zur Frage im Grundplan welcher Taxa dieses Organ vorhanden ist und welche phylogenetische Bedeutung ihm zukommt. In Anlehnung an eine vorangehende Masterarbeit (Vater 2015) sollen die Ergebnisse dieser Arbeit klären, ob die Epibranchialorgane verschiedener systematischer Gruppen homolog zu den Epibranchialorganen der ursprünglichen Salmlergruppen sind.

Bearbeitung: Nadja Eberhardt (Universität Rostock)

Betreuung: Dr. Timo Moritz (Deutsches Meeresmuseum Stralsund), Dr. Andreas Bick (Universität Rostock)

Distal Medial Cartilages – Kleine Knorpel im Schwanzflossenskelett als Verwandtschaftsmerkmal?

Das Schwanzflossenskelett der Knochenfische (Teleostei) kann Hinweise auf Verwandtschaftsbeziehungen geben. Bei den distal medial cartilages handelt es sich um Knorpel, die innerhalb des Diastemas der Schwanzflosse (s. Abb.) zu finden sind. Dieses Merkmal, einst als Alleinstellungsmerkmal für die Euteleostei angesehen, findet man durch neue genetische Erkenntnisse und Umstrukturierungen des Stammbaums auch in anderen Taxa wieder.

Dies wirft die Frage nach der Entstehung dieser Knorpel auf. Sind sie im Stammbaum nur an einer Stelle oder doch an mehreren Stellen unabhängig voneinander entstanden?

Mithilfe der Aufhelltechnik können die Knochen- sowie Knorpelstrukturen angefärbt und in ihrer Gesamtheit sichtbar gemacht werden. Die Knorpel werden hierbei in blau und die Knochen in rot dargestellt.   

Ziel dieser Masterarbeit ist es das Wissen über die distal medial cartilages zu erweitern und zu klären, inwiefern sie sich als Merkmal bezüglich Aussagen zur Verwandtschaft eignen.

Zusätzlich werden Ontogeneseserien erstellt (z.B. vom europäischen Stint), um Erkenntnisse über die Entwicklung der Knorpel und deren morphologische Herkunft zu erhalten.

Bearbeitung: Jan Buchert (Universität Rostock)

Betreuung: Dr. Timo Moritz (Deutsches Meeresmuseum Stralsund), Dr. Andreas Bick (Universität Rostock)

Die Dorsalflossen der Atheriniformes - Ontogenese und phylogenetische Betrachtung

Die Ährenfische (Atheriniformes) sind eine Gruppe der Knochenfische, die mit vielen endemischen Arten weltweit in Süß-. Brack- und Salzwasser vorkommen. Sie besitzen, wie viele der weiter abgeleiteten Knochenfische, zwei Rückenflossen. Zusätzlich befinden sich zwischen diesen Rückenflossen knöcherne Strukturen, deren Identität bisher ungeklärt war. Die mit den Ährenfischen verwandten Gruppen, die Zahnkärpflinge (Cyprinodontiformes) und die Hornhechtartigen (Beloniformes), besitzen weder zwei Rückenflossen noch die mysteriösen Strukturen dazwischen. Daher sind sie bei der Klärung der Identität dieser Strukturen nicht hilfreich.

Um das Problem trotzdem zu lösen, wurden Entwicklungsserien von mehreren Arten von Ährenfischen angelegt. Bei diesen wurden mittels der Aufhelltechnik die Knorpel blau und die Knochen rot gefärbt. Zusätzlich wurde das Gewebe verdaut, sodass die Fische durchsichtig erscheinen.

Mit Hilfe der aufgehellten Entwicklungsserien konnte ein bisher unbekanntes Entstehungsmuster der Rückenflossen innerhalb aller Knochenfische entdeckt werden. Des Weiteren hat sich ergeben, dass es sich bei den Strukturen zwischen den Rückenflossen um ehemalige Flossenstrahlträger, also die Verankerungen der Flossenstrahlen im Körper handelt. Die äußerlich sichtbaren Flossenstrahlen sind an diesen Stellen verlorengegangen. Diese Strukturen werden als interdorsale Flossenstrahlträger bezeichnet.

Außerdem hat sich gezeigt, dass eine andere Gruppe, die Meeräschen (Mugiliformes), über ähnliche Strukturen verfügen wie die Ährenfische. Ob diese auf die gleiche Weise entstehen wie bei den Ährenfischen und ob die Meeräschen und Ährenfische vielleicht näher miteinander verwandt sind, als zurzeit angenommen wird, werden zukünftige Studien zeigen.

Bearbeitung: Philipp Richter (Friedrich-Schiller-Universität Jena)

Betreuung: Dr. Timo Moritz (Deutsches Meeresmuseum), Prof. Dr. Lennart Olsson (Friedrich-Schiller-Universität Jena)