Am 20. Oktober 1965 wurde der damalige Direktor des Bezirksnaturkundemuseums Dr. Sonnfried Streicher über einen ungewöhnlichen Fang informiert. Ohne zu wissen, um welches Tier es sich handelte, fuhr er – nur mit einem Rucksack ausgestattet – auf den Dänholm, um es dort abzuholen. Die Überraschung war groß, denn es handelte sich um eine wahre Sensation:
Lederschildkröten, die in den tropischen und subtropischen Meeren beheimatet sind, werden als Wanderer der Meere bezeichnet, weil sie sehr lange Strecken zurücklegen. Am 20. Oktober 1965 verschwamm sich ein 450 Kilogramm schweres und über zwei Meter langes weibliches Tier während seiner Wanderung bis in die Prohner Wiek und ging dort den Fischern ins Netz. In den Rucksack von Museumsdirektor Streicher passte die Meeresschildkröte nicht. Sie wurde zunächst in den Rostocker Zoo gebracht, wo sie jedoch nach drei Tagen verstarb. Das Bezirksnaturkundemuseum Stralsund untersuchte das Tier daraufhin, fertigte einen Abguss und daraus ein aufwendiges Präparat an. Es wurde in der eigenen Ausstellung und in Wanderausstellungen, etwa in der Tschechoslowakei, präsentiert.
Zur Ankündigung einer Ausstellung in Berlin veranstaltete die Zeitung „BZ am Abend“ ein Rätsel. Eine Zeichnung aus wenigen Strichen wurde mit der Frage „Wer kommt nach Berlin?“ versehen. Die Antwort der Leser:innen lautete vielfach „Marlene“ – denn die Schauspielerin Marlene Dietrich war gleichzeitig im Westteil der Stadt erwartet worden. Es lag nun nahe, auch die Lederschildkröte „Marlene“ zu nennen.
Der Einfluss von „Marlene“ auf die Geschichte und Profilbildung des Museums wird am 29. Oktober um 19 Uhr im modernisierten MEERESMUSEUM thematisiert. Dort gibt es „Marlene“ heute als betastbare Bronze-Skulptur und als detailgenaues, freistehendes Modell zu entdecken. Der Kunstgießer Wolfgang Gregor wird vor Ort Auskunft über die Anfertigung dieser Skulptur geben. An einem Infotisch können Original-Skelettteile der Lederschildkröte betrachtet werden. In einem Vortrag informiert die Schweizer Umweltnaturwissenschaftlerin und Meeresbiologin Sandra Striegel zudem über die faszinierende Welt der Meeresschildkröten.
Die Abendveranstaltung findet in Zusammenarbeit mit dem Förderverein Deutsches Meeresmuseum statt. Der Eintritt ist frei. Um Spenden zugunsten der Meeresschutzprojekte des Deutschen Meeresmuseums wird gebeten.
Programm Abendveranstaltung:
18:30 Uhr: Einlass
19 Uhr: Beginn der Veranstaltung im Schildkrötengebäude
Einführung
Dr. Dorit Visbeck-Liebers | Ausstellungskuratorin
Grußwort
Andreas Tanschus | Direktor Deutsches Meeresmuseum
Filmische Zeitreise
Originalaufnahmen von 1965
Grußwort
Förderverein Deutsches Meeresmuseum
Vortrag „Magie der Meeresschildkröten“
Sandra Striegel | Meeresbiologin und Umweltnaturwissenschaftlerin
Meeresschildkröten gehören schon seit Abertausenden von Jahren zu unserer Erde. Sie durchschwammen die Ozeane bereits, als Dinosaurier noch über die Kontinente herrschten und haben seither dramatische Klimaschwankungen, einen Asteroiden-Einschlag und eine Eiszeit überlebt. Doch erst jetzt, nach Jahrhunderten der Ausbeutung, die sie an den Rand des Aussterbens brachten, beginnen wir, die Bedeutung dieser Überlebenskünstler für unsere Meeresökosysteme zu erkennen. Sie bringen Balance in die komplexen Lebensgefüge und fördern auf einzigartige Weise die Gesundheit und Widerstandsfähigkeit ihrer Lebensräume. Sie sind wahre Wunder der Natur – die weder das Meer noch wir uns leisten können, zu verlieren. Sandra Striegel entführt mit ihrem Vortrag in die faszinierende Welt der Meeresschildkröten und spricht über deren noch immer geheimnisvolles Leben. Sie informiert zudem über die heutigen Forschungs- und Schutzbemühungen, die die Zukunft der Meeresschildkröten endlich wieder hoffnungsvoller aussehen lässt.