Glossar und FAQ

Viele Menschen sind an Küsten und auf den Meeren unterwegs.
Dabei begegnen ihnen oft merkwürdige Meeresbewohner, die sich nicht immer leicht zuordnen lassen. Das Deutsche Meeresmuseum gibt Antwort auf Ihre Fragen.

Frau S. fragt:

Ich habe vor Jahren schon einmal von ihrem Institut eine sehr nette Antwort zu einer mir damals noch unbekannten Spezies bekommen (damals: Entenmuscheln). Was könnte nun dieses Gebilde aus der Nordsee sein?

Sehr geehrte Frau S.

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage und Rückmeldung. Bei Ihrem Fund handelt es sich um das Gelege einer Wellhornschnecke (Buccinum undatum), die zu den großen räuberischen Schnecken in der Nordsee gehört Gehäuse bis 11 cm hoch. Diese Eiballen werden normal an harten Strukturen befestigt (Steine, Muschelschalen), können aber mal abreißen, werden im Spätsommer und Herbst gelegentlich von Wellen an die Strände geworfen und finden sich dann trocknend im Spülsaum. Sie enthalten bis zu 2000 Eikapseln, in denen wiederum etwa 1000 Eier enthalten sind. Die meisten davon dienen zur Ernährung von 10-14 Jungtieren, bevor sie mit einem 2 mm hohen braunen Gehäuse ihr eigenes Leben beginnen. Ich hoffe dieser Hinweis hilft Ihnen weiter (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Wellhornschnecke).

 (Dr. G.-B. Reinicke, Deutsches Meeresmuseum, 2021)

Kreidegestein mit Bohrwurmlöchern

Frau B. fragt:

Wir waren auf dem Darß in Zingst, und am letzten Tag, 15.03.2017 hat unser 9jähriger Sohn Piet einen besonderen "Stein"(?) gefunden. Für uns sieht das aus wie eine Koralle? Ich war mir sicher, dass es Korallen in der Ostsee nicht gibt. Es scheint auch keine Versteinerung zu sein. Wir möchten wir Sie gern um Rat fragen, was das für ein Stein sein könnte? Wir hängen Ihnen Bilder an.

Über eine Antwort würden sich sehr freuen,

Piet (9), Adalina (7) und die Eltern.

Liebe Grüße, Familie B.

Sehr geehrte Frau B.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage mit den beiden Fotos. Korallen gibt es heute im Gebiet der Ostsee tatsächlich nicht mehr, allerdings kann man an bestimmten Stränden vereinzelt Fossilien einer Korallenart, Parasmilia excavata, finden. Die sehen aber anders aus.

Beim Fund Ihres Sohnes handelt es sich um ein Stück Kreidegestein (ehemalige Meeresablagerungen), das von Bohrschwämmen zerbohrt wurde. Diese Tiere finden ihren Lebensraum, indem sie mit einer leichten, selbstgemachten Säure den Kalkstein anlösen und in die entstehenden Gänge hineinwachsen. Wenn die Brocken später an den Strandgespült werden findet man von solchen Schwammkolonien nur noch die leeren Gänge… Ich hoffe, diese Information hilft Ihnen weiter. –

(Dr. G.-B. Reinicke, Deutsches Meeresmuseum, 2017)

Rhombuskalmar im Roten Meer

Frau B. aus Köln fragt:

Sehr geehrte Damen und Herren,

anbei ein paar Fotos und meine Anfrage:

Diese armdicken gallertartigen Gebilde von ca. 0,45cm Länge und Umfang von ca. 0,10 cm habe ich beim Schnorcheln im Roten Meer/Marsa Alam entdeckt. Dazu die Hüllen, die wie Mumienbinden aussehen vom ca. 1,00 Metern. Nach Vermutungen sollen es Gelege von Rombenkalmaren [Thysanoteuthis rhombus] sein, aber keiner ist sich wirklich sicher. So habe ich nun die Hoffnung, dass sie mir evtl. helfen könnten. Ich bedanke mich schon mal vorab für Ihre Mühen.

Mit frdl. Grüßen aus Köln, G. B.

Sehr geehrte Frau Braicks,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage und die UW-Bilder der merkwürdigen Schlauchstrukturen aus Marsa Alam. Ihr Hinweis auf den Rhombuskalmar (Thysanoteuthis rhombus) wird bei einer kurzen Literaturrecherche wie auch im Internet schnell mit etlichen ähnlichen Bildern bestätigt. Besonders Ihre Nahaufnahmen lassen auch gut die vielen einzelnen Eierchen erkennen. Die Abgabe von solchen oder ähnlichen Eier-Aggregaten ins freie Wasser kommt bei vielen Meeresmolluken vor. Ich hoffe, diese Information hilft Ihnen weiter. –

Christian von Mach vom Red Sea Environmental Centre (www.redsea-ec.org) schreibt dazu: „Meiner Erfahrung nach handelt es sich um die „Mumie“ davon [von T. rhombus, Red.]. Soweit kamen wir … auch mit unserer „Bestimmung“. Beobachtungen waren selten, aber doch gelangen einige über die Jahre –  Foto habe ich angehängt. Wenn alle Eier geschlüpft sind, treibt die leer Hülle durch das Wasser (Abb. 3) und sinkt irgendwann zu Boden.“

 (Dr. G.-B. Reinicke, Deutsches Meeresmuseum, 2017)

Entenmuscheln an der Nordsee

Frau Liane N. fragt:

Sehr geehrte Damen und Herren, 

bei meinem Urlaub an der Nordseeküste Dänemarks entdeckte ich  "Tiere". Ich habe schon versucht den Namen zu bestimmen, es ist mit nicht gelungen. Deshalb wende ich mich heute mit der Bitte an Sie:  Wie heißt das Tier/die Muschel auf dem unteren Bild?

Für eine Antwort wäre ich sehr dankbar,

freundliche Grüße ... L.N.

Sehr geehrte Frau N.,

bei Ihrem Fund handelt es sich um sog. "Entenmuscheln" (Lepas anatifera). "Entenmuscheln" sind keine Muscheln, sondern stark abgewandelte Krebstiere der Ordnung Rankenfußkrebse (Cirripedia). Ihre Antennen sind zu Haftorganen umgewandelt, die sich festheften. Den Körper mit einem muskulösen Stiel umgeben meist sechs Kalkplatten, zwei weitere verschließen die Öffnung der Panzerung. Die Beine sind mit Borstenfächern zu Rankenfüßen umgewandelt, die in rhythmischen Bewegungen hervorgestreckt Plankton aus dem Wasser filtern. Entenmuscheln - und Seepocken - leben mit etwa 800 bekannten Arten festsitzend in strömungsreicher Umgebung auf harten Oberflächen von Felsküsten gemäßigter und warmer Meere. Oft leben sie in der Gezeitenzone, manchmal auf Treibgut, Schiffen oder Walen. Übrigens: Früher glaubte man, dass aus den Entenmuscheln  Gänse schlüpfen würden: So entstand der lateinische Name. Auf Englisch heißen sie deshalb Goose-Barnacles.

Mit freundlichen Grüßen aus dem Deutschen Meeresmuseum

(Dr. Götz B. Reinicke, 2013)

Versteinerungen auf den Bermudas

Herr Horst K. aus Siegsdorf fragt:

Sehr geehrter Herr Dr. Reinicke,

Bei einem Tagesausflug auf den Bermudas entdeckte ich am Badestrand der Horshores Bay die beigefügten "Versteinerungen". Eine Suche im Internet (...) konnte mir keinen sicheren Aufschluss geben. Im Original sind die Einzelexemplare ca. 6 cm groß. Sie befinden sich an einer Felswand, ca. 50 cm über dem Strand. Da nun meine Neugier geweckt ist, suche ich nach einer schlüssigen Antwort.

In der Hoffnung auf eine Antwort verbleibt mit herzlichen Grüßen H. K.

Sehr geehrter Herr K.,

bei den von Ihnen fotografierten Tieren handelt es sich um Polyplacophora (Mehrschalenträger), eine urtümliche Gruppe der Weichtiere, die zu den Schnecken gehören. Der Rücken der Tiere ist von einem mehrteiligen Plattenpanzer bedeckt. Sie leben bevorzugt im Spritzwasserbereich felsiger Küsten. Ihre Fotos erinnern an die Darstellung von Chiton tuberculatus u.a. unter http://www.vetigastropoda.com/SNAP/groups/Polyplacophora.html. Eine genaue Ansprache der Art erfordert Fachliteratur bzw. Kenntnisse der lokalen Fauna, und im günstigen Fall eine Inspektion der Tiere. Ich hoffe, dieser Hinweis hilft Ihnen weiter.

Mit freundlichen Grüßen aus dem Deutschen Meeresmuseum

(Dr. Götz B. Reinicke, 2014)

Sieben Weltmeere

Frage eines Museumsbesuchers: Welches sind die "Sieben Weltmeere"?

Üblicherweise wurden früher das Arktische Polarmeer (1) und der Antarktische Ozean (2) rund um den Kontinent Antarktis gezählt, dazu der nördliche (3) und der südliche (4) Atlantik, der Indische Ozean (5), sowie der nördliche (6) und der südliche Pazifik (7).

In einer anderen Zählung werden die drei Ozeane Atlantik, Pazifik und Indik (1-3) und vier Mittelmeere genannt (4-7), also 'unser' Europäisches Mittelmeer und das Amerikanische Mittelmeer, dazu das Austral-Asiatische und das Arktische Mittelmeer (= Nordpolarmeer).

Im Eingangsbereich der Ausstellung WELTMEER des OZEANEUMs stellen wir sieben Meeresgebiete als Synthese dieser Varianten vor: Den Arktischen Polarozean (1), den Antarktischen Ozean rund um den antarktischen Kontinent (2), den Atlantik (3), den Indischen Ozean (4) und den Pazifik (5), dazu das Europäische (6) und das Amerikanische Mittelmeer (7), die beide eigentlich Nebenmeere des Atlantiks sind. Eine international gültige Festlegung gibt es dazu nicht.

Ursprünglich waren mit den "sieben Meeren" im Sprachgebrauch nicht wirklich konkrete Meeresgebiete gemeint. Die alte Sprachfigur umfasst eigentlich "alle Meere dieser Welt". So veröffentlichte Rudyard Kipling – der u.a. "Das Dschungelbuch" schrieb – 1896 einen Gedichtband unter dem Titel "The Seven Seas".

Quelle u.a.: http://www.wer-weiss-was.de

(Dr. G.-B. Reinicke, Deutsches Meeresmuseum, 2018)

 

Wurm oder Schnecke?

Herr N. aus Wismar fragt:

Hallo,

eine Frage die mich sehr bewegt, meine Kinder haben in Hohen Wieschendorf, Wismarbucht, beim Keschern im Hafen an den, ich denke ,Pfahlmuscheln, so seltsame dicke rosarote, fast durchsichtige 2-5 cm lange Wurmbüschel gefunden. Man kann den Darm der "Tiere" sehen. Ich habe das Internet durchstöbert, jedoch keine Antwort gefunden. Kann es sich hierbei um eine eingeschleppte Wurm oder Schneckenart handeln, welche sich in der Ostsee ausbreitet. Die sehen überaus seltsam aus. Sind diese ungefährlich? Selbstverständlich habe ich Fotos dieser "Dinger" verfügbar. Vielen Dank für schnelle Antwort.

Freundliche Grüße M. N.

Sehr geehrter Herr N.,

Nach Lage des von Ihnen genannten Fundortes und soweit dem Foto Hinweise zu entnehmen sind (Größe, Habitus, Gewebebeschaffenheit, Färbung) handelt es sich um Seescheiden der Art Ciona intestinalis (L.), die – eigentlich Bewohner felsiger Küsten von Nordsee und Skagerrak – bis in die Wismarbucht hinein nachgewiesen wurden. Sie gehören zu den Manteltieren (Tunicata) und leben festsitzend in teils großen Kolonien an harten Substraten: Felsen, Holz, Beton etc., oder eben, wie hier, Schalen von Miesmuscheln. Ihr Vorkommen in der Ostsee hängt dann ab vom Transport und erfolgreicher Ansiedlung der Larven, die sicherlich mit der Strömung aus westlicheren Seegebieten herangetragen werden. Als festsitzende Filtrierer ernähren sich Seescheiden, indem sie einen Wasserstrom durch ihren Körper erzeugen (Ein- und Ausstromöffnung) und mit ihrem Kiemenreusendarm Nahrungspartikel herausfiltern. Für Menschen sind die Tiere vollkommen ungefährlich. Ich hoffe, diese Hinweise helfen Ihnen weiter.

(Dr. G.-B. Reinicke, Deutsches Meeresmuseum, 2016)