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„Forschungsstiftung Ostsee“ vergibt Preise an herausragende Nachwuchswissenschaftlerinnen

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Im MEERESMUSEUM Stralsund erhielten am 13. Mai Dr. Kwi Young Han für ihre Doktorarbeit und Anna Sophia Kujat für ihre Masterarbeit die Förderpreise der „Forschungsstiftung Ostsee“.

(Stralsund, 14.05.2025) Führt intensive Fischerei zu Selektionseffekten, die im Erbgut sichtbar werden? Dieser Frage ging Dr. Kwi Young Han in ihrer Dissertation „Beweise für fischereiinduzierte Evolution auf Genomebene bei einem stark ausgebeuteten Fischbestand: der Ostseedorsch (Gadus morhua)“ nach. Mit dem Ostseedorsch wählte Kwi Young Han eine Fischart, deren Population seit Jahrzehnten überfischt und die im Wesentlichen von den westlicheren Beständen abgeschlossen und genetisch isoliert ist. Anlass für die Wahl des Themas war die Beobachtung, dass sich die mittlere Länge der Tiere zum Zeitpunkt der Geschlechtsreife bei beiden Geschlechtern in den vergangenen 25 Jahren von 53 auf nur 26 Zentimeter verringert hat. Dies entspricht einer Gewichtsreduktion von 87 Prozent. In ihrer Arbeit gelang Kwi Young Han der erstmalige Nachweis bei einem vollständig marinen Fischbestand, dass vermutlich fischereiinduzierte Selektion zu Veränderungen im Erbgut geführt hat. Zudem konnte sie zeigen, dass die beobachtete Verringerung des Wachstums seit Mitte der 1990er-Jahre vermutlich eine genetische Basis hat. Ihre Ergebnisse stellen einen bedeutenden Fortschritt auf dem Gebiet der modernen Evolutionsforschung und Fischereiökologie dar.

Auszeichnung für fachübergreifenden Ansatz in Masterarbeit
Aufgrund ihres Lebensstils, ihrer Vielfalt und Häufigkeit sind aquatische bakterielle Gemeinschaften von entscheidender Bedeutung für die Funktionsweise der Ökosysteme der Erde. Sie tragen zum Sauerstoffaustausch bei, regulieren Kohlenstoff- und Stickstoffkreisläufe, zersetzen organisches Material und versorgen Ökosysteme mit Energie in großen Mengen. Die Untersuchung zeitlicher und räumlicher Muster in ihrer taxonomischen Zusammensetzung liefert wertvolle Einblicke in die Dynamik ganzer Ökosysteme. Dies ist besonders in Lebensräumen interessant, die durch stark wechselnde Umweltbedingungen gekennzeichnet sind, etwa in Flussmündungen (Ästuarien), die von schwankenden Salzgehalten, Temperaturen und Wasserfließrichtungen geprägt sind. Anna Sophia Kujat untersuchte in ihrer Masterarbeit „Erkennung von Mustern in mikrobiellen Gemeinschaften im Warnow-Ästuar und an der Ostseeküste mit Methoden der Themenmodellierung und des maschinellen Lernens“ neue Verfahren, um interpretierbare Muster aus mikrobiellen Gemeinschaftsdaten zu extrahieren. Themenmodellierung ist ursprünglich eine Methode des maschinellen Lernens aus der Computerlinguistik. Kujat analysierte mit dem Verfahren einen komplexen Mikrobiom-Datensatz, der im Laufe eines Jahres an 15 Stationen entlang der Südküste der Ostsee und der Warnow-Flussmündung generiert wurde. Mit ihrem Ansatz konnte sie charakteristische räumliche und zeitliche Muster in der Verteilung von bakteriellen Subgemeinschaften feststellen. Kujats Arbeit zeigt, dass interdisziplinäre Ansätze des maschinellen Lernens eine wertvolle Grundlage bieten können, komplexe Ökosysteme besser zu verstehen. Dadurch wird es möglich, menschliche Einflüsse auf heimische aquatische Systeme wie Schadstoffeinträge gezielt zu erkennen und in der Folge effektiver zu überwachen.

Dr. Kwi Young Han schloss ihr Bachelor- und Masterstudium 2016 und 2018 an der Sungkyunkwan-Universität in Südkorea ab. Ihre Doktorarbeit schrieb sie am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.

Anna Sophia Kujat absolvierte von 2017 bis 2021 ein Bachelorstudium der Biologie an der Universität Greifswald. 2021 begann sie an der Universität Rostock ihr Masterstudium der Meeresbiologie, das sie 2023 abschloss. Derzeit ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) in Kooperation mit der Universität Rostock tätig und arbeitet an ihrer Doktorarbeit „Machine Learning Methoden für die Analyse biologischer und ökologischer Datensätze“.

Der Preis der „Forschungsstiftung Ostsee“ wird jährlich ausgelobt. Er wird an Nachwuchswissenschaftler*innen für herausragende Arbeiten auf dem Gebiet der Erforschung der Fauna und Flora der Ostsee, der angrenzenden Gewässer und Küstenlebensräume sowie der Erforschung der Einwirkungen durch die zunehmende wirtschaftliche Nutzung auf die marine Umwelt vergeben. Der Preis ist mit 2000 Euro für Masterarbeiten bzw. wissenschaftliche Abschlussarbeiten von Lehramtsstudent*innen und mit 5000 Euro für Dissertationsschriften dotiert.